1843 - 1849 Direktor des Johanneums zu Lüneburg
Mathmatiklehrer und Förderer von
Bernhard Riemann
Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts hob der tüchtige Direktor des Johanneums Dr. Karl Haage das Niveau des Unterrichts durch die Berufung kompetenter Lehrer beträchtlich. Schmalfuß war der erste Lehrer des Johanneums, der Mathematik studiert hatte. Bald gestaltete er als Konrektor mit dem genialen Haage das Schulleben.
Nach Haages plötzlichem Tod wurde mit Schmalfuß zum ersten
Mal ein Mathematiker Direktor. Er hat es verstanden, die
Bedenken, "ob ein Mathematiker für diesen Posten wohl
recht geeignet sei", gründlich zu zerstreuen. Im
Königreich Hannover stand dieser Vorgang nämlich ohne Beispiel
da.
Zitate aus Nebe, Geschichte des Johanneums:
...seine feine, gewandte, offene und heitere Art sich zu geben,...
...idealster Auffassung des Lehrerberufes...
...war durchaus nicht einseitig, hätte ohne weiteres Latein in Sekunda unterrichten können...
Es muß als ein besonderes Glück angesehen werden, ... dass unter Schmalfuß' verständnisvoller Leitung ein Genie seines Faches, der Mathematik, auf dem Johanneum sich heranbildete, Bernhard Riemann, der wohl berühmteste Schüler der Anstalt, den die Mathematiker unmittelbar nach oder neben Gauß stellen.
In der Tat ist Schmalfuß für uns heute vor allem dadurch
interessant, dass er das Talent Bernhard Riemanns erkannte,
richtig einschätzte und ihm Bücher der damals führenden
Mathematiker zur Verfügung stellte.
Davon haben wir Kenntnis aus einem Brief, den er nach Riemanns
frühem Tod an den Göttinger Prof. Schering schrieb, der einen
Nachruf verfassen wollte.
Auzüge
aus dem Brief des Direktors Schmalfuß, der auch Riemanns
Mathematiklehrer war. Nov. 1866
Er bezieht sich auf Riemanns Zeit am Johanneum von 1842 bis zum
Abitur 1846
"Die Fassungskraft für mathematische Gegenstände gab sich mir sofort kund und es bedurfte bei Riemann nur der Andeutung eines mathematischen Gesetzes, um dasselbe mit den weitesten Consequenzen und in feste Form gebracht zu sehen, und zwar in größter Allgemeinheit."
"Alles, was ich besitze an Euklidischen Dingen mit den Kommentaren ...; was ich von der Archimedischen Literatur besaß, Apollonios etc. alles dies las er, und unter dem Lesen ward es sein sicheres Eigenthum. Newtons Arithmetica universalis und des Cartesius Geometria interessierten ihn nicht minder."
Schmalfuß läßt ihn zwar am normalen Mathematikunterricht teilnehmen, "aber.... vielmehr sann ich darauf, ihm in jeder Stunde etwas zu bieten, was seinen Kräften angemessen war, und jedesmal ist er über die Grenze, die ich als seine Schranke und wohl auch als meine betrachtete, hinausgegangen und brachte regelmäßig eine Fülle von Ergebnissen, die ich nicht in solchem Maße erwartet hatte."
Im Abitur prüft er ihn über die weit über den Schulunterricht hinausgehende Zahlentheorie von Legendre. Er stellt fest, " daß ihm alles, worauf ich als Examinator mich nicht ohne Mühe vorbereitet hatte, ..., geläufig war."
"wie schwer es ihm wurde, in fließendem Vortrage seine Gedanken zu entwickeln. Dazu kam, daß kein Ausdruck ihm genügte, der nicht alles umfaßte, und daß er ungemein zaghaft war, eine Darstellung, die nicht von untadeliger Präcision war, als richtig anzuerkennen."
..."daß ich Riemann mehr verdanke, als er mir."
... ich bedaure sehr, daß mir nichts geblieben ist von der
Sinnigkeit und Einfachheit seiner Beweisführungen und
Formelentwicklungen. Schon damals war er ein Mathematiker, neben
dessen Vermögen der Lehrer sich arm fühlte.
Am Schluß schreibt Schmalfuß: "Ich für meinen Theil habe es immer für ein großes Glück angesehen, daß ich einen solchen Schüler, wie Riemann, gehabt habe, und bin ihm heute noch für die vielfache Anregung, die er mir gegeben hat, und für die Freude, die ich an seiner wunderbaren Begabung und Entwickelung gehabt habe, für meine ganze Lebenszeit dankbar."
Aus dem Brief des Direktors Schmalfuß vom Nov. 1866 Vollständig abgedruckt in der Gesamtausgabe Riemanns gesammelte Werke Hrg. R. Narasimhan bei Springer 1990
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